Mein Wille geschehe

Herzstillstand. Reanimation ja oder nein? Eine einfache geschlossene Frage, die im klinischen Alltag für viel Zündstoff sorgt. Ein roter oder ein grüner Kleber in der Krankenakte. Leben um jeden Preis oder sterben in Würde. De Fakto muss ich jeden ins Spital eintretenden Patienten nach seinem Willen fragen. Aber es kommt immer wieder zu schwierigen Situationen. Soll ich den 25jährigen Familienvater mit einer Hirnhautentzündung wirklich fragen, der will doch sicher reanimiert werden? Aber was, wenn der 27jährige Familienvater ein Tumorleiden im Endstadium mit noch einer verbleibenden Lebenserwartung von 3 Monaten hat, wäre es nicht schön, wenn der einfach einschlafen könnte? Und die 90jährige fitte Oma, die jede Woche wandern geht? Darf ich als Arzt einfach entscheiden, wenn es mir zu heikel zum Fragen ist? Ethisch und juristisch gesehen sich er nicht.

Eine einfache geschlossene Frage, die nur im Kontekt der Gesamtsituation inklusive Angehöriger entschieden werden kann. Und gerade für Laien nur schwer nachvollziehbar ist. Reanimation nein heisst nicht, dass die Ärzte jegliche Behandlung abbrechen und den Patienten nach Hause schicken. Es heisst lediglich, dass im Falle eines Herzstillstandes nichts mehr getan wird. Keine Herzmassage, keine Beatmung. Einfach den Tod akzeptieren und als Endstation des diesseitigen Lebens ansehen. Umgekehrt wird im Falle von Reanimation ja alles getan: Herzmassage, Beatmung. Bei der Herzmassage sind Rippenbrüche nicht die Ausnahme sondern die Regel. Ausserdem wird die Sauerstoffunterversorgung des Organismus je nach unterschiedlich schneller Rückkehr von Spontanlebenszeichen und Alter des Menschen unterschiedlich gut toleriert, so dass das wahre Outcome nicht im Voraus abgeschätzt werden kann. Wiederbelebte Menschen können gleich wie vorher oder plötzlich Pflegefälle sein. Man weiss es zu Beginn der Reanimation nicht. Sicher ist, dass die Reanimation so schnell wie möglich erfolgen muss, jede Minute senkt die Überlebenschance um 10%!

Von einigen Ärzten wird ab einem gewissen Alter ein Rea ja nicht mehr toleriert, weil es einfach zu unrealistisch ist, dass es noch etwas bringt. Wenn einem 85jährigen aufgrund seiner Osteoporose während der Reanimation alle Rippen gebrochen werden, ist das Erwachen bei Rückkehr eines Spontankreislaufes sicher nicht so angenehm und die Rehabilitation wohl ebenso wenig. So werden Aufklärungsgespräche über Reanimation sehr manipulativ geführt oder gar nicht erst durchgeführt, sondern einfach entschieden. Ich kann es Ihnen nicht verübeln, bin dieser Frage auch schon ausgewichen.

Eine Patientenverfügung kann hilfreich sein, muss aber sehr eindeutig formuliert sein. Und das ist bei Laien dann eben doch wieder oft nicht der Fall. "Keine lebensverlängernden Massnahmen", was heisst das? Soll der Patient bei einer Lungenentzündung noch Antibiotika bekommen? Das würde sein Leben verlängern! So sitze ich dann jeweils mit der PV vor der Krankenakte und weiss doch nicht, was ankreuzen.

Schlussendlich bleibt einem nur das Gespräch übrig. Und auch hier wird wohl irgendwann eine Routine einsetzen.

 

Weitere Informationen findet ihr bei der SAMW (Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften), die Leitlinien die Behandlung von Patienten rausgibt.

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