wie aus Enthusiasmus Pragmatismus wurde

Seit letztem Montag läuft der definitiv letzte Themenblock meines Studiums. Die erste Woche beinhaltet Notfallmedizin und die letzten 5 Wochen sind Repetitionen der letzten 5 Jahre. Es ist spannend, wie sich die Stimmung geändert hat: Vor dem Wahlstudienjahr war eine Vorfreude zu spüren, endlich in die Spitäler arbeiten gehen zu können, Patienten und ihre spannenden Krankheiten zu sehen und Menschen helfen zu können. Doch es ist zu spüren, wie dieser Enthusiasmus geerdet wurde. Wir haben bemerkt, dass die Patienten meist nicht jung, hübsch und intelligent sind, sondern hässlich stinkende Füsse haben, ungewaschen und teilweise sogar eingestuhlt sind und die Fragen über Schmerzcharakter (stechend, drückend, brennend) nicht präzise beantworten, sondern lieber von ihrer Katze erzählen. Dass es im OP weniger wichtig ist, die Anatomie zu kennen, sondern viel mehr, wo man Suppe oder Zucker gratis herbekommt, um das stundenlange Stehen zu überleben, wenn man nicht aus dem Operationstrakt rauskommt. Und dass nur korrekt ist, was der Oberarzt sagt, nicht was im Lehrbuch steht. Es geht weniger darum, Menschen tatsächlich zu retten, als viel mehr zu schauen, dass die Situation weniger schlimm ist, sozusagen eine Steigerung von schrecklich zu schlimm. Und dass es letztendlich darum geht, pünktlich Feierabend machen zu können, weil man ja noch ein Leben neben der Medizin haben möchte.

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