Letztes Wochenende war ich als Sanitäterin am Crea Festival auf der Chrischona dabei. Und es war eine ernüchternde, aber lehrreiche Erfahrung. Als ich zum Team stiess (die meisten anderen waren Mitglieder des Militärsamaritervereins), wollte ich mich mal mit den hiesigen Medikamenten bekannt machen. Und staunte nicht schlecht, als da nicht mehr als in einer guten Hausapotheke zu finden war. Eine Chirurgin, die auch einfach zum Mithelfen kam, staunte auch nicht schlecht. Bei gröberen Sachen waren wir also sofort auf Hilfe von aussen angewiesen... Schnell stellte sich heraus, dass die höchste medizinische Ausbildung der Stufe des "Transporthelfers" entsprach. Ich versuchte herauszufinden, welche Algorithmen sie verwenden. Doch auf die Frage, was ich bsp. machen soll, wenn ein Konzertbesucher kollabiert, meinten sie nur: "Ja, behandeln, was sonst?" Aha. Und als sie dann stehend (!) tatsächlich mal eine zuvor Kollabierte brachten und ich mich mit ihr unterhielt, ob sie sich nichts angeschlagen, kein Übelkeit/Erbrechen etc., ihr den Blutdruck mass und sie einen von 140/95 mmHg hatte, sie dann aufs Sofa mit Wasser zum Trinken setzte, erntete ich Unverständnis, "die Patientin habe doch was mit dem Kreislauf gehabt". Ja klar, aber es gab keine Anzeichen mehr, dass was nicht gut wäre, immerhin war sie auch schon in Begleitung der Sanitäter aufrecht in die Sanistation hereingelaufen. Und wir hatten nur drei Betten, wovon eines gerade von einer übermüdeten Teilnehmerin zum Ausschlafen verwendet wurde... Aber die Samariter waren massiv motiviert, sie freuten sich über jedes Pflaster, dass sie kleben durften, stürzten sich regelrecht auf die Patienten, so dass ich mich zurückzog. Sogar in der Nacht, als sie eigentlich nicht eingeteilt waren, sassen die Samariter noch rum und ich sehnte mich eigentlich nach meinem Bett, wollte aber doch nicht asozial sein... Schwierig für mich, denn ihr Elan stiess bei mir eher auf Unverständnis: Wer baut schon sein privates Auto so um, dass er eine Bahre transportieren kann? Aber irgendwann musste ich mir eingestehen, dass es Leute mit solcher Leidenschaft mehr als braucht und für so einen Anlass auch absolut reicht, weil mir mein Wissen mehr im Weg stand und ich ständig im Kopf alle möglichen Alarmzeichen bei den harmlosesten Verletzungen überlegte, statt einfach vom einfachen und häufigen auszugehen. Schliesslich waren wir hier kein Spital. Und falls es doch mal hart auf hart kommt, würden die Samariter bestimmt schneller als ich checken, dass sie überfordert sind und frühzeitig Hilfe anfordern. Manchmal ist weniger wissen besser. Viel besser.
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