Boah. Einige Zeit ist es her, seit ich mich hier nicht mehr habe blicken lassen... Sorry, für all die Male, wo ihr erwartungsvoll auf meine Seite gekommen seid und immer noch nichts da war... Aber irgendwie lief so viel, da wusste ich auch gar nicht, was jetzt genau schreiben... Was teilen und was einfach in meinem Herzkästchen verpacken.
Die Hochzeit. EIN RIESENFEST. Geniale Freunde und Familie, die geholfen haben, das Fest schöner als in all meinen Vorstellungen zu machen. Auf unserer Hochzeitshomepage werden in Kürze die Bilder veröffentlicht werden. Und mein Brautkleid ist auch bereits zum Verkauf auf tutti.ch...
Die Flitterwoche war genau nach unserem Geschmack: 3 Tage Surfen, 2 Tage Biken und 2 Tage Inselerkundung. In Gran Canaria gibt es echt schöne Biketouren und man kann sich selber herausfordern, so dass es richtig anstrengend wird (mit Ach und Krach, sprich kaum Pausen) schafften wir es einmal 20min vor Ladenschluss der Bikevermietung zurück und dunkel war es auch schon fast...
Und vorletzten Samstag war noch die offizielle Staatsfeier, wo ich die Ehre hatte, einen Poetry Slam über die letzten 6 Studienjahre zu halten. Und diesen Rückblick möchte ich euch nicht vorenthalten:
Entschuldigen Sie, es stand kein Aufgabenbeschrieb draussen an der Türe
der mich durch diesen Abend führe
so war ich irritiert, konsterniert, gehirnamputiert
ob ich nun mit oder ohne Klopfen eintreten soll
und auch das Händedesinfektionsmittel war einfach nicht auffindbar
so bediente ich mich nun an der dahinten stehenden Schale mit Wasser
30ml, nun bin ich gelassener‘
Guten Abend
Darf ich mich kurz vorstellen
oke, das ist nicht richtig
denn es ist nicht wichtig
wer ich bin
denn ich bin eine von jenen allen
die Gefallen hatten am 4.Juli 2011 den Numerus Clausus zu schreiben
Stunden zu schwitzen
und in Hörsälen zu sitzen
die später unser zweites Zuhause werden sollten
b vor d’s und c vor e’s
verstanden den tiefen Sinn davon noch nicht
eigentlich bis heute – egal - denn irgendwann kam der Bericht
in Form eines rosa Papierchens
das Eintrittsticket in die Wissensgehirninfiltration Medizinstudium
eingeschüchtert sassen wir in orangenen Plastikstühlen
am Wühlen in den Gratisgeschenken von Karger, FamE und Co
mit Angst vor Kanülen und Co
wir waren jetzt Medizinstudenten
die Rappen gezählt für die nächsten 6 Jahre
man bewahre Haltung in den Herausforderungen
eine Herausforderung wird es nun auch sein
6 Jahre in 8 Minuten zusammenzufassen
aber ich bin eigentlich recht gelassen
denn auch Anamnese, Untersuchung und Therapie konnten in 8 Minuten passen
der erste MC noch auf Papier
Mut zur Lücke und C, das rat ich dir!
haben uns in der Wäscherei des Unispitals schüchtern einen weissen Kittel erschlichen
vor Angst erblichen
als wir am ersten Patienten eine Anamnese erheben sollten
und nicht wussten, wo wir beginnen wollten
als uns plötzlich erwartungsvolle Augen anblickten
der Präpkurs als erster Kontakt mit der menschlichen Endlichkeit
zum ersten Mal dem Tod in die Augen blicken
nach einem kurzen Kopfnicken
hiess es dann Fett von Muskeln von Gefässen zu unterscheiden
ja nicht was falsches durchschneiden
aber sonst gab es immer noch Cementit
zum Abschluss der Gedenkgottesdienst in der Peterskirche für unsere Leichen
wo plötzlich wieder unsere Gefühle erweichen
weil da Gesichtszüge unseren Leichen gleichen
und diese somit eine Familie und eine Geschichte erhalten
die sie eigentlich schon immer hatten
und auch Apple darf bei uns Geschichte schreiben
denn wir bleiben nicht beim guten alten Papier
nein, Apple-Aktien kaufen rat ich dir
denn das Dekanat alle Möglichkeiten durchgecheckt
und sich fleissig eingedeckt
Ipad Prüfungen sollen es sein
der Papierverbrauch klein
nein nicht mal mehr für Notizen darfs ein Fötzelchen sein
so klicken wir uns fortan durch Prüfungen durch
nachdem wir den Fil cotschen endgültig verloren
die Plazenta aus dem Plastiksack und das Kind aus der Robotervagina geboren
alle Histopräparate schockgefroren
und die Genmerkmale und ihre entsprechenden Therapien gelernt von allen Tumoren
haben wir unsere Fachgebiete und Spitäler auserkoren
wo wir während dem Wahlstudienjahr unsere Sporen
abverdienten
voller Vorfreude im Wahlstudienjahr angekommen
waren die Finger dann doch etwas beklommen
als man die erste LP stechen sollte
und man den Patienten zuvor doch noch lieber fragen wollte
ob der denn Gönner bei der Paraplegikerstiftung sei
doch der Oberarzt meinte, das sei jetzt einerlei
mit dem Anamnesebogen rumgerannt
sich „nach Allergien und Medikamenten fragen“ eingebrannt
währen der Chefvisite angespannt
man konnte ja nicht wissen, dass die Ursache für die Krankheit des Patienten wirklich unbekannt
aber multifaktoriell und polygenetisch geht immer
in der Eintrittsanamnese gefragt, ob der Mann denn noch kann
„Frau Doktor, was geht sie das denn an?“
erstaunt meine Brauen nach oben gezogen
„Diese Frage steht auf meinem Anamnesebogen!“
dann langsam erkannt
dass nicht alles wissenschaftlich erwiesene
für den Alltag angepriesene
auch wirklich alltagstauglich ist
denn es mag wohl sein
dass die Penisarterien fein
und somit Frühboten von Krankheiten sein
kann, aber es ist doch nicht die feine
Art,
ganz am Start
eines Beziehungsaufbaus nach sexuellen Funktionen zu fragen
lieber sollte man da Ausführungen über das Befinden der Hauskatze ertragen
im OP hatten wir UHUs dann eher andere Anliegen
wenn sterile Instrumente auf den Boden fliegen
wenn sich Unterassistentenknochen vom Gewicht der zu haltenden Extremitäten biegen
und vom dicke Bäuche aufhalten Sauerstoffverbrauche versiegen
sterile Handschuhe von Nadeln Löcher kriegen
es ist drei Uhr nachts und man würde eigentlich gerne den Schragen probeliegen
wo denn die Suppen- und Kaffeevorräte sind, probiert man aus der Pflege rauszukriegen
aber zuerst versucht man noch die Haut wieder zuzukriegen
denn im Studium wurde einem immer verschwiegen
dass es manchmal niemanden mehr gibt, um Fragen zu stellen
und man alleine mit dem Patienten dasitzt
vor sich hin schwitzt
und überlegt wer nun die Verantwortung trägt
für das was getan werden muss von ungeübten UHU-Händen
weil sonst niemand abkömmlich ist im Gelände
und zu allem Elend die Nummer des Rechtsdienstes noch nicht auswendig gewusst
mit zitternden Händen dann halt doch begonnen
an Selbstvertrauen gewonnen
die Zeit zwar verronnen
aber am Schluss hat meist irgendwie doch alles geklappt
auch haben wir am Tod geschnuppert
und der Endlichkeit in die Augen geschaut
manchmal hat sie hämisch gegrinst
manchmal freundlich gelächelt
denn auch der Tod kann Heilung sein
auch wenn die Medizin das oft nicht wahrhaben will
und so sind wir nun heute hier versammelt
noch nicht ganz vergammelt
die Luft ausserhalb der Hörsäle hat uns gut getan
den Boden unter den Füssen zurückerhalten
so dass wir nun frei sind unsere Zukunft zu gestalten
nicht mehr getrieben von Testat-Sammel-Wahn
sondern hoffentlich getrieben
von Liebe und Freude am Beruf und der Neugierde auf Neues
wenn du so langsam checkst
und auf deinem Namensschild entdeckst
da steht jetzt Arzt und nicht mehr „Bimbo vom Dienst“
und vielleicht passiert es dir dann, dass du sagst
lasst mich durch, ich bin Arzt
und du hast es plötzlich gewagt
zwar noch etwas verzagt
deine Stimme zu erheben
du merkst wie die Menschen Erwartungen an dich kleben
denn du kämpfst hier um Leben
- und auch gegen steigende Krankenkassenprämien -
kriegst plötzlich Herzbeben
aber eben
du bist jetzt Arzt
zwar noch nicht routiniert
wie man diktiert, dokumentiert, dosiert, kuriert, präpariert, punktiert, seziert, sterilisiert, therapiert, visitiert,
wir nennen uns zwar schon Arzt
sind aber noch Anfänger in Weiss und Schweiss
alles hat seinen Preis
sechs Jahre sind es bei uns gewesen
für manche noch etwas mehr Spesen
haben 2100 Seiten Amboss gelesen
gemeint, wir müssen mit den Leichen mitverwesen
doch heute kriegen wir den Fötzel Papier,
damit ich vielleicht doch noch kapier
das Studium hat ein Ende
mein Leben nimmt eine neue Wende
ich krieg definitiv Verantwortung in Form von lebenden Menschen in meine Hände
und doch ist es noch nicht das Ende vom Gelände
denn ausgelernt hat man scheinbar nie
schreien mir jedenfalls die täglich veröffentlichten Papers zu
so geb ich nun Ruh
und prost euch trotzdem zuerst mal mit dem Staatsbier zu
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