Vor einer Woche stand mein erstes Wochenende an. Am Wochenende ist jeweils EIN Assistenzarzt zuständig für das gesamte Spital und das dazugehörende Alters- und Pflegeheim. Ein Oberarzt ist zusätzlich für beide Standorte (Basel und Riehen) zur Verfügung. Am Freitag im Wochenendrapport werden einem dann von den jeweiligen Stationsärzten die "kritischen" Patienten übergeben, die auch am Wochenende visitiert werden müssen oder wo noch Dinge ausstehend sind und gegebenenfalls Anpassungen in der Therapie gemacht werden müssen. Da schreibt man wie gestört mit und fragt sich, warum man nicht den Stenografierkurs besucht hat. Und schlussendlich schreiben einem die Kollegen doch nochmal alles auf einen Zettel Papier. Von den anderen hatte ich gehört, dass Wochenende ziemlich streng ist, weil zusätzlich zur Visite, Dokumentation der Visite, Notfälle halt auch noch Neueintritte dazukommen. Und ein Eintritt braucht ziemlich viel Zeit: Aufnahmegespräch (Anamnese: wie geht es, was ist passiert, Krankheitsgeschichte, aktuelle Medikamente etc.) und dies muss dann auch alles dokumentiert werden. Das heisst man schreibt meist ca. 1-2 A4-Seiten Diagnoseliste ab... Jap, in der Medizin hat die Digitalisierung noch nicht so Einzug gehalten, weil der pädagogische Effekt sonst verloren geht, wenn man es einfach kopiert...
So übernahm ich um 7:45 Uhr vom Nachtarzt das Diensttelefon, schmiedete einen Schlachtplan, um die Visite möglichst effektiv zu gestalten. Bereits um 10.00 Uhr hatte ich alle kritischen Patienten visitiert und begann mit der Dokumentation. Dazu schrieb ich nun alle Vitalzeichen (Blutdruck, Puls, Temperatur etc.) und die neusten Laborergebnisse inklusive dem Untersuchungsbefund in die Patientenakte (digital), damit die Kollegen von unter der Woche Bescheid wissen, was am Wochenende passiert ist. Parallel dazu kamen ständig Anrufe rein von der Pflege mit irgendwelchen Problemen: Herr xy hat einen sehr tiefen Blutdruck und ist bleich, kannst du mal vorbeikommen? Frau xy hat einen zu hohen Blutzucker, sollen wir Insulin spritzen? Herr ab verweigert die Medikamenteneinnahme, kannst du mit ihm sprechen? So muss die Prioritätenliste im Kopf immer wieder neu geordnet und die Anrufe triagiert werden: Wen muss ich zuerst anschauen gehen? Wer kann noch etwas warten? Trotzdem schaffte ich es (dank wenig solcher Anrufe) bis um 11.00 Uhr bereits alles dokumentiert zu haben. Meine Oberärztin war zuerst in Riehen, so dass ich noch auf sie warten musste und noch nicht die unklaren Dinge besprechen konnte. Sie rief mich aber mal an, um die Lage zu checken. Und teilte mir mit, dass das Haus voll ist und somit gar keine Eintritte kommen. Jetzt hatte ich also für nichts speditiv gearbeitet... Naja, in der Medizin weiss man nie, was noch kommt... Aber es blieb ruhig und so waren es noch lange acht Stunden, bis der Nachtarzt das Diensttelefon um 19.45 Uhr wieder übernahm. "Immerhin" stürzten in regelmässigen Abständen irgendwelche Bewohner oder Patienten, die ich dann untersuchen musste. Am Sonntag war dann mehr los, ich hatte sogar einen Eintritt, aber insgesamt war es sehr ruhig. Bis auf eine hochdemente Dame, die plötzlich beschloss, dass sie jetzt aus dem Spital austreten würde... Sie war sehr aggressiv und erbost, dass wir sie hier "einsperren". Nach einem Ablenkungsmanöver und einer halben Stunde Spaziergang und Geplauder im Spitalgang (auch Senioren kann man durch Bewegung müde machen und ich hatte ja Zeit:), konnte ich sie dann zum Znacht ins Zimmer führen und sie hatte ihre Austrittspläne vergessen...
Am Montag musste ich dann im Rapport alle Geschehnisse meinen Kollegen erzählen: Volle Aufmerksamkeit für mich:)
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