Eigentlich sollte Freitag, 1. April ja als Einführungstag dienen. Doch irgendwie wurden wir vergessen, so dass uns (alle im April beginnenden Mitarbeitenden) eine eher schüchterne junge Frau bekannt gab, dass normaler Arbeitstag sei und wir gleich auf unsere Stationen gehen sollten. Gott sei Dank habe ich vorsichtshalber all mein Material schon mitgenommen, andere mussten dann einen Tag lang in Absatzschuhen rumstiefeln... So holte uns eine andere Unterassistentin ab, wies uns in die Garderobe und Kleiderwahl ein (weisses Shirt, Hose und Kittel) und verteilte uns auf die Stationen. Ich kriegte noch das Ende des Morgenrapportes mit. Dann wurde ich "meinen" zwei Assistenzärztinnen (AA) vorgestellt und ich konnte meinen Arbeitsplatz einrichten. Jeweils freitags wird ein klinischer Fall von einem AA vorgestellt für alle Mediziner (= Ärzte aus der inneren Medizin). Beim Mittagessen war dann mal Zeit für Smalltalk. Danach durfte ich ein paar Rezepte erstellen. Und zum Schluss ging es noch an den Wochenendrapport, wo alle Mediziner jene über die Patienten informierten, die am Wochenende arbeiten mussten. Bereits an meinem ersten Tag ist einer der Patienten verstorben, kurz zuvor habe ich ihn noch gesehen...
Die Wochenenden im April habe ich alle frei, so musste ich erst gestern wieder für den Einführungstag antanzen. Dieser war eher schnarchnasenmässig, weil bspw. eine Stunde über die Philosophie und Vision des KSBL erzählt wurde. Immerhin gab es gratis Gipfeli in der Znünipause und ein gratis Zmittag. Danach zeigte ich mich nochmals auf der Station und durfte eine einfache Untersuchung alleine durchführen.
Heute war endlich ein vollständiger Tag: Es begann um 8 Uhr mit dem Röntgenrapport. Der Radiologe präsentierte im Kanonenstaccato die Röntgenbefunde der Patienten, welche gestern geröntgt wurden und auf der medizinischen Abteilung liegen. Mein Gehör muss noch auf Genuschel und Staccato trainiert werden... Weiter ging es mit der Visite, wo ich einfach mithörte, hinterherdackelte und auch mit abhören durfte (ich weiss jetzt, wie Rasselgeräusche bei einer Lungenentzündung tönen!). Danach folgte die Weiterbildung für die Unterassistenten (UA), wo ein Mit-UA einen Fall präsentierte, den er betreut hat. Ein leitender Arzt persönlich sass mit uns im Raum und beantwortete geduldig unsere Fragen, sehr sympathisch. Nach dem Mittagessen wartete zunächst ein äusserst kurliger Dermatologe die Mediziner zum Dermatologiekränzli, wo er Fälle präsentierte und Leute piesackte (ich musste mich einen Meter vor den Screen setzen und Bilder beschreiben, einer anderen hat er das Telefon abgenommen und einfach Fragen für fremde Patienten beantwortet). Das Kardiologiekränzli war angenehmer, ein Kardiologe beantwortete Fragen oder beurteilte EKGs, wo Unsicherheiten waren. Und dann wartete der ganz normale Bürokram auf die Ärzte, wo ich eingeführt wurde: Rezepte schreiben, Austrittsbriefe formulieren, Eintriffsformalitäten erledigen, Berichte von anderen Ärzten anfordern etc. Ausserdem durfte ich noch eine Eintrittsuntersuchung machen, wo ich ziemlich viel Schweiss verloren habe, weil ich so nervös wurde und es gleich perfekt machen wollte. Man muss dabei an ziemlich viel denken und die Handgriffe und Abläufe sind noch überhaupt nicht routiniert (bspw. machte ich zum ersten Mal eine Rektaluntersuchung...). So musste mir die Assistenzärztin unter die Arme greifen. Aber nach fünfmal wird es dann schon klappen. Es ist dieser ständige Zwist zwischen "ich will das machen" und "ich kann das aber (noch) nicht". Und es sich in diesem Moment trotzdem getrauen zu können und bereit zu sein, Dinge falsch zu machen und sich korrigieren zu lassen. Auf geht's!
Kommentar schreiben
Andi (Mittwoch, 06 April 2016 08:22)
Immer schön ruhig bleiben. Du stehst ganz am Anfang von deinem Berufsleben. Du hast noch viele viele Jahre vor dir in der du Rektaluntersuchungen perfektionieren kannst. Niemand erwartet von dir, dass du alles bereits perfekt im Griff hast. Sich selbst Unfähigkeit resp. mangelndes Know-How einzugestehen braucht Grösse (Klingt komisch, ist aber so) resultiert aber in einer inneren Entspannung. --> Was wiederum bewirkt, dass man lockerer an die Sachen geht und deshalb tendenziell besser wird. Viel Erfolg auf deinem Weg!